Die Geschichte von Eibiswald
Die Marktgemeinde Eibiswald liegt im weststeirischen Saggautal zwischen Aichberg und Radl, an der Radlpaßstraße, und gehört zum politischen Bezirk Deutschlandsberg. In der einzigen Katastralgemeinde gleichen Namens leben rund eineinhalbtausend Einwohner in über 370 Häusern. Erste Siedlungsspuren des seßhaft gewordenen, Ackerbau und Viehzucht treibenden Menschen stammen aus dem 4. Jahrtausend vor Christus; der Jungsteinzeit, den folgenden Metallzeiten sowie aus der Römerzeit. Nach der Völkerwanderung siedelten seit dem späten 6. Jahrhundert Slawen in diesem zum Fürstentum Karantanien gehörenden Raum, worauf zahlreiche Gegend- und Gewässernamen hindeuten. Seit dem Ende des 8. Jahrhunderts, als die gegen die Awaren zu Hilfe gerufenen Baiern ins Land kamen, setzte die bairische Kolonisation und Mission ein, 860 erhielt das Erzbistum Salzburg hier eine umfangreiche Königsschenkung. Durch Ungarneinfälle unterbrochen, konnte das Siedlungswerk nach dem Sieg Ottos des Großen am Lechfeld bei Augsburg 955 in der neu eingerichteten Mark an der mittleren Mur, deren Zentrum die Hengistburg bei Wildon war, vorangetrieben werden: Untertänige Bauern unter den adeligen Dienstmannen des Erzbistums Salzburg, der Aribonen und der Eppensteiner rodeten den Wald und machten das Land urbar. In einer Güterbestätigung für die Pfarre Leibnitz wird mit der "ecclesia sancte Mariae sub confinio Raedelach", der nachmaligen Pfarrkirche hl. Maria zu Eibiswald, ein Teil des späteren Gemeindegebiets im Jahre 1170 erstmals urkundlich genannt. Rund hundert Jahre später, 1265, wird die Burg Eibiswald als "Ybanswalde" im Urbar des Böhmenkönigs Ottokar, damals auch Landesfürst der Steiermark, als Sitz eines Landgerichtes erwähnt, der durch seine Bürger aus den umliegenden Bauerndörfern herausragende Markt Eibiswald erscheint erst 1290 in den Quellen, mit damals immerhin schon an die 70 Behausungen. Der Ortsname rührt nicht, wie man auch angesichts des "sprechenden" Marktsiegels meinen könnte, vom Eibenbaum her, sondern weist auf den einstigen Waldbesitz eines sonst nicht urkundlich faßbaren Iwein hin, der seinen Namen wiederum nach dem Ritter Iwein der sagenhaften Tafelrunde des Königs Artus trug. Die Burg Eibiswald als zeitweiliger Sitz des Marktherrn und des Landgerichtes mit der Rechtsprechung über Verbrechen gegen Leib und Leben befand sich im Mittelalter, von Pflegern verwaltet, wechselweise im Besitz des Landesfürsten und mächtiger steirischer Adelsfamilien, wie der Wildonier, Tybeiner und Walseer. Seit 1500 scheint die Familie der Eibiswalder als Pfandinhaber der Herrschaft auf — durch ihre umfangreichen Besitzungen wohlhabend, bauten sie Schloß Eibiswald im Renaissancestil neu und spielten, 1607 in den Freiherrenstand erhoben, als Kriegsleute und Beamte des Landesfürsten und der Landstände bis zu ihrem Aussterben 1674 eine bedeutende Rolle in der Landesgeschichte. Ihre Nachfolger auf Eibiswald waren, nach einem Intermezzo durch die Freiherren von Mörsperg bereits zwischen 1624 und 1639, bis ins Jahr 1766 die Grafen von Schrottenbach, ehe der glücklose Glasfabrikant und Kohleförderer Ignaz von Purgay 1800 Eibiswald kaufte. 1828 bis 1883 saß die Familie Hansa im Schloß, die zeitweise auch den Bürgermeister des Marktes stellte. Der Markt Eibiswald erlebte im 16. Jahrhundert einen schweren wirtschaftlichen Niedergang, ehe die Bevölkerungszahl im 17. Jahrhundert wieder zunahm. 1561 in einem Streit mit der Herrschaft und, in der Folge mehrfach bestätigt, 1579 in der Marktfreiheit durch Erzherzog Karl II. von Innerösterreich pochten die Bürger auf ihre althergebrachten Rechte: Den Burgfried, in dem der von den hausgesessenen Bürgern frei gewählte Marktrichter im Rathaus an der Spitze des Rates die Zivilverwaltung und niedere Gerichtsbarkeit ausübte, die Jahrmärkte, den Wochenmarkt am Samstag und das Siegel, das in gelbem Schild drei grüne Eibenbäume auf drei erdfarbenen Büheln zeigte. Die sogenannten Banntaidinge, spezielle Bürgerversammlungen, gewährleisteten die Teilnahme jedes einzelnen Bürgers am Verfassungsleben des Marktes, ein Marktschreiber besorgte die Verwaltungsgeschäfte. Bürgerliche Vereine, wie etwa die Freiwillige Feuerwehr (1873), Gesangvereine, Turnverein und zahlreiche religiöse Vereinigungen, prägten und prägen das gesellige Leben seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Einfälle der Osmanen in den Jahrzehnten um 1500, an die sich auch manche Sage knüpft, verheerende Brände — so 1711, als die Bürgerschaft danach die Mariensäule stiftete, 1768 und 1854 — und die Bedrückungen durch die Napoleonischen Kriege in den Jahren um 1800 unterbrachen Handel und Wandel im Markte. Nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918), der mit der Abtretung der Untersteiermark an das Königreich der Südslawen auch den Verkehrsweg dem Markt und dem Drautal unterbrach, wurde Eibiswald Grenzlandgemeinde. Der Zweite Weltkrieg (1938-1945) stand für die Gemeinde besonders im Zeichen von Partisanenkämpfen. Der Wiederaufbau in den Jahren der Zweiten Republik brachte Verbesserungen der Infrastruktur, Grenzlandleistungsschauen und zahlreiche kulturelle Aktivitäten sowie Bemühungen, den sanften Tourismus in die Region zu bringen. Über zwanzig verschiedene Gewerbe, zeitweise teils gezünftet, deckten bis ins 20. Jahrhundert den Bedarf der Marktbewohner und der umliegenden Bevölkerung an Lebensmitteln, Bekleidung und Hausrat. Ein Bader bot ansatzweise medizinische Versorgung. 1653 begann eine gewisse Industrialisierung mit dem von Wolf Max Freiherr von Eibiswald errichteten Hammerwerk, dem auch eine zeitweise getrennt geführte Sensen- und Nagelerzeugung angeschlossen war, rund 30 Personen Arbeit bot und nach zahlreichen privaten Besitzern 1835 an den staatlichen k. k. Montanärar gelangte. Dieser baute es durch Errichtung neuer Anlagen zum modernen Stahlwerk mit bis zu tausend Arbeitern aus, mußte es jedoch 1869 wieder in private Hände geben, ehe es 1905 endgültig geschlossen wurde. Um 1800 setzte im Raum Eibiswald ein bedeutender Steinkohlenbergbau ein (bis 1920), eine Glasfabrik bestand bis 1893, ein Eisenbahnanschluß konnte jedoch nicht erreicht werden. Erste Hinweise auf das Bestehen einer Schule in Eibiswald datieren erst aus dem frühen 17. Jahrhundert. Die ehemalige Pfarrschule kam mit dem Reichsvolksschulgesetz 1869 in staatliche Obhut, repräsentiert durch einen Ortsschulrat. Fortbildungsschulen für Lehrlinge und Bauern und (1946) eine Hauptschule führen zum Teil bis heute die durch zwei Volksschulen grundgelegte Ausbildung der Jugend fort. Als nach der Aufhebung der bäuerlichen Grunduntertänigkeit im Revolutionsjahr 1848 neue staatliche Behörden und Gerichte die Agenden der vormaligen Grundherrschaften übernahmen, wurden auch in Eibiswald nunmehr ein Bezirksgericht (von 1854 bis 1868 gemischtes Bezirksamt), ein Steueramt und ein Gendarmerieposten errichtet, ergänzt durch die schon 1846 bestehende Post. In der 1170 erstmals urkundlich genannten Kirche St. Maria in Eibiswald wirkte 1314 mit einem Walther der erste bekannte Pfarrer. Der gotische Bau mit romanischem Kern wurde in den Jahren nach 1678 im barocken Stil erweitert und galt im 18. Jahrhundert als Wallfahrtskirche. Dem Protestantismus wandten sich im 16. Jahrhundert zwar die Herrschaftsinhaber, aber nur wenige Eibiswalder Bürger zu. Von den ursprünglich fünf Filialkirchen der Pfarre besteht heute nur mehr jene 1617 erstmals genannte zu Ehren des hl. Anton Einsiedler am Radlpaß, daneben wird das heilige Meßopfer in fünf Meßkapellen gefeiert. Als "größter Sohn der Gemeinde Eibiswald", dem im Markt auch ein Museum gewidmet ist, gilt Dr. Hans Kloepfer. 1867 als Sohn eines aus Schwaben eingewanderten Wundarztes in Eibiswald geboren, war er zwar Werksarzt in Köflach, wo er 1944 starb, blieb Eibiswald aber eng verbunden. Als Dichter der Weststeirer und Chronist des Marktes ist er unvergessen. Literatur: Werner Tscherne, Von Ybanswalde zu Eibiswald. Die Chronik der Marktgemeinde (Eibiswald 1995) Dr. Gernot Peter Obersteiner