Haus Nr.57 (alt 48, 49) ”Altes Schulhaus”, ”Kieslinger”
Dieses Haus gehörte einst zum Besitz der Pfarre. Es war zugleich das erste Schulhaus.. Gegenüber erhob sich die eineinhalb Meter hohe Friedhofsmauer, die Kirche und Friedhof umgab. Außerdem diente es als Wohnung für den Schulmeister. Nach dem Umbau des Hauses Nr.56 in eine Volksschule wurde dieses Haus 1874 von Josef und Antonia Kieslinger erworben. Unter Josef Kieslinger erfolgte auch der Umbau, der dem Geschäftshaus die prachtvolle klassizistische Fassade mit den drei Eingängen verlieh. 1886 folgte Carl Kieslinger, der neben dem Handelshaus auch ein Sägewerk und einen Holzhandel betrieb und zu Wohlstand gelangte. Als Gemeinderat wurde er auch zum Obmann der Bezirksvertretung gewählt. Als solcher erwarb er sich große Verdienste und bekam im Jahre 1912 das Ritterkreuz des Franz Josef Ordens verliehen. Herr Wolfgang Strohschneider weiß zu berichten: ”Ganz problemlos sollte diese Verleihung von Kaisers Gnaden nicht erfolgen, denn Herr Kieslinger war beauftragt worden, sich eine eigene Uniform schneidern zu lassen, mit der er vor dem Kaiser hätte erscheinen sollen. Er weigerte sich jedoch, dies zu tun, mit dem Argument, daß er dieses teure Gewand doch nur einmal brauchen würde. So durfte er die Auszeichnung nicht vom Kaiser persönlich entgegennehmen, sondern hatte sie von der Bezirkshauptmannschaft in Deutschlandsberg abzuholen.” Carl Kieslinger bemühte sich überdies jahrelang, den Bau der Sulmtalbahn von Pölfing-Brunn nach Eibiswald fortführen zu lassen, leider ohne Erfolg.
Nach seinem 1920 erfolgten Tod folgten die Witwe Maria Kieslinger und ihre drei Töchter als Eigentümer nach. Katharina Kieslinger, eine der Töchter, hatte 1917 Franz Strohschneider aus Graz, der den Betrieb erfolgreich durch wirtschaftlich schwierige Jahrzehnte führen sollte, geheiratet. 1965 erfolgte die Übergabe an Wolfgang und Christine Strohschneider, geborene Mannsfeld aus Graz, und 1980 die Umwandlung in die Kaufhaus Kieslinger Ges.m.b.H., die 1994 von der Fa.Fritz Hubmann Ges.m.b.H. aus Stainz gepachtet wurde.
Zwei Söhne aus dem Hause Kieslinger wollen wir nicht vergessen: Dipl.Ing.Oberbergrat Franz Kieslinger und Dr.Alois Kieslinger. Franz Kieslinger, geb.1862, absolvierte die Bergakademie in Leoben. Als Ministerialrat für öffentliche Arbeiten war er Mitverwalter der k.k. Montanwerke und vefaßte eine Leitschrift für die damaligen Bruderladen. Er gilt somit als Pionier der Bergbauversicherung.
Große Verdienste erwarb sich Alois Kieslinger, geb.1900, als Professor und Vorstand des Institutes für Geologie an der Technischen Hochschule in Wien. In dieser Eigenschaft verfaßte er zahlreiche Abhandlungen zu den Themen Erdwissenschaften, Bausteinkunde, Geologie, Glaserzeugung und viele mehr.
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