Haus Nr.45 (alt 41) Pfarrhof
Besitzer des Pfarrhofes ist die Kirche beziehungsweise der jeweilige Pfarrer. 1847 ließ der Besitzer der Herrschaft Eibiswald, Friedrich Georg von Hansa, das Wirtschaftsgebäude neu und gemauert erbauen. Im alten Pfarrhof gab es sogenannte ”Fürstenzimmer”, die für den Besuch des Bischofs bestimmt waren. 1900 wurde der alte Pfarrhof mit dem großen Rundbogen über dem Eingang abgetragen und ein neuer erbaut, wobei das einst barocke Gepräge nicht mehr berücksichtigt wurde.
Das alte Gebäude war noch nicht unterkellert, die Mauern waren bis zum Obergeschoß feucht. Die Südseite zierte ein Spalier aus Holzleisten, an dem sich der Isabellawein rankte, der einen vorzüglichen Haustrunk ergab.
Die ertragreichen ”Pfarrgründe” über der Saggau und auf dem Rabenfeld bildeten die Grundlage für eine gut florierende Landwirtschaft, die erst nach Ende des letzten Krieges etappenweise aufgelassen wurde. In den 30er Jahren sollen im Pfarrhof und in Nebengebäuden noch sieben ”Dienstboten” gewohnt haben: eine Köchin, der die Küchenmagd und das Zimmermädchen zu gehorchen hatten und der ”Moar” mit den zwei Knechten und der ”Saudirn”. Dem Großknecht hatte außerdem die Aufgabe, für die Erntezeit ein – wie es jemand formulierte – ”Heer an Tagwerkern” aufzubieten. Gelang es ihm nicht, genug Leute anzuwerben, mußten auch die Kapläne anpacken. Der letzte ”Moar” war ein ”Brudermann”-Sohn, Herr Alois Grebien. Er wohnte in einer kleinen Stube neben der Obstpresse und leitete bis in die 60er Jahre die Landwirtschaft.
Herausragende Persönlichkeiten bewohnten dieses Haus. Erwähnt seien zwei von ihnen, die hier als Kapläne wirkten: Gottfried Sudy, k.k. Oberleutnant i.R., der im August 1928 nach Mürzzuschlag versetzt wurde. Er war sehr beliebt in der Bevölkerung, war in mehrere Vereine, wie MGV, eingebunden. Wegen seines hohen Ansehens wurde er oft von Eibiswaldern gebeten, in Auseinandersetzungen, die im aufkeimenden politischen Lagerdenken begründet waren, zu vermitteln. Dr.Rochus Kohlbach aus Hirschegg, der durch Dr.Kloepfer großzügige Förderung erfahren hatte, wirkte in Eibiswald als Kaplan, Chormeister, Organisator des christlichdeutschen Turnvereins und Kunsthistoriker. Ende der 20er Jahre ging er nach Graz und wurde Dompfarrer, Prälat und Chefredakteur der angesehenen Zeitung ”Grazer Volksblatt”. Großen Eindruck in der Bevölkerung hinterließ Josef Hagen, der etwa zur selben Zeit als Kaplan die Religionsstunden in der Volksschule hielt. Ihm taten Schüler leid, die mit abgetragenen, geflickten Kleidern zur Schule kommen mußten. Des öfteren ging er mit bedürftigen Kindern nach dem Unterricht zum Geschäft Kieslinger und kaufte ihnen Kleidung.
In Gesprächen mit älteren Personen lebt die Erinnerung an die einstigen Pfarrherren wieder auf. Sie wirkten sehr unterschiedlich auf ihre Gläubigen. Pfarrer Bauer, der 1924 starb, ”war eine kleine und rundliche Pesönlichkeit, der man bei der Begrüßung die Hand zu küssen pflegte.” Er nahm regen Anteil am gesellschaftlichen Leben seiner Gemeinde. Sein Nachfolger, Pfarrer Kirchberger, war respekteinflößend und unnahbar. Man sah ihn nur selten an Wochentagen außerhalb des Pfarhofes. Dagegen waren, bzw. sind die Pfarherren der jüngsten Zeit, GR Karl Wingolf Enge und Dr. Siegfried Gödl, wesentliche Mitgestalter des gesellschaftlichen Lebens innerhalb der Pfarrbevölkerung.
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